Der richtige Zeitpunkt
Wann ist denn nun der beste Zeitpunkt für Beikost??
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt sechs Monate ausschließliches Stillen, dann langsames Einführen der Beikost mit begleitendem Stillen bis zum zweiten Lebensjahr und darüber hinaus, sofern es Mutter und Kind wünschen.
Okay, Frage geklärt, Artikel zu ende.
So einfach ist es nicht.
Sechs Monate ausschliessliches Stillen?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung(DGE) empfiehlt hingegen, Beikost zwischen dem 5.und 7. Monat einzuführen. Warum?
Nun, erstmal gibt die WHO Empfehlungen für die ganze Welt. Das heißt vom kleinsten Dorf in Afrika, bis zur Millionenstadt in Japan. Da ist es nicht so leicht einen Konsens zu finden, der für alle passt. In Afrika wäre es an einigen Orten durchaus angebracht sogar wesentlich länger voll zu stillen, da einfach das Essensangebot nicht ausreichend ist, bzw. auch die hygienischen Bedingungen nicht von Vorteil sind.
Die DGE hält sich aber natürlich auch an unseren ‘Lifestyle’. Je früher das Kind entwöhnt ist, desto früher ist auch die Mutter wieder bereit für den Arbeitsmarkt – soweit die Theorie…
Auf ihrer Homepage verweist die DGE auf das Netzwerk Junge Familien. Aha, also nix selbst erforscht. Und dort steht im ersten Satz:
Im ersten halben Jahr braucht Ihr Baby nur Muttermilch (oder Flaschenmilch)
Netzwerk Junge Familien
?? Ja wie jetzt?
Im nächsten Absatz wird das natürlich schon wieder relativiert.
Warum sind die denn so uneins?
Gucken wir uns das doch mal an:
Wir wollen die Forschung an die Realität anpassen
Gummizoo macht Kinder froh – Hans-Ulrich Grimm
Das sagt allen ernstes die Leiterin des Forschungsdepartements Kinderernährung(FKE) Frau Prof. Dr. Kersting. Gut, es ging nicht um Gläschen, sondern um ungesunde, gezuckerte Snacks für Kinder, aber ihr versteht worauf ich hinaus will.
Babykost – die Geldmaschine
Wann standest du das letzte Mal vor einem Babykostregal im Supermarkt? Hast du gesehen, was für eine Riesenauswahl es da gibt? Was glaubst du, wieviel Geld mit Babynahrung gemacht wird?
Ich konnte nur die Gesamtzahlen unseres guten Freundes Herrn Hipp herausfinden, aber ich denke man kann es sich gut ausmalen, was allein zwei Monate (5.+6.) an Gläschennahrung ausmachen. Und er ist ja nicht alleine am Markt.
Auch das auf den Gläschen nach dem 4. Monat und nicht ab dem 5. steht, ist reines Kalkül. Denn ein paar werden schon nicht genau hinsehen und schwupps hat man schon ein paar(Tausende) Gläschen mehr verkauft. Das die weltweite Empfehlung KEINE Beikost vor dem 5. Monat zu geben, da der Verdauungstrakt dafür einfach noch nicht reif ist, damit ausgehöhlt wird, interessiert nur am Rande. Es geht um Geld. Um viel Geld. Und dieses Geld wird leider leider auch an die Experten herangetragen. Manchmal versteckt, manchmal auch sehr öffentlich. Auch ich als Hebamme bin davor nicht gefeit, ganz klar, auch ich gehe zu Vorträgen und Kongressen, die von großen Firmen gesponsert werden. Und doch muss man eben manches auch hinterfragen.
Ich erinnere mich an einen Vortrag bei einem großen Hebammenkongress, bei dem der Redner nicht zu ende sprechen konnte, weil er von den anwesenden Hebammen ausgebuht wurde – er hatte(in meinen Augen) Unsinn über die ‘Nachteile’ langen Stillens erzählt – und direktes Feedback bekommen.
Ich möchte damit nicht sagen, dass es nicht auch Kinder gibt, die schon früh für Beikost bereit sind und es gut vertragen – wenn du so ein Kind hast, go for it!
Aber in meinen Sprechstunden habe ich so so oft Fälle in denen es um Probleme mit der Beikost geht – besonders Verstopfung. Und oft werden dann den Kindern Medikamente und Hilfsmittel gegeben, statt einfach mal noch ein paar Wochen zuzuwarten.
Der Arzt sagt aber…
Ich weiß, auch die Ärzte machen Druck. Auf die Eisenversorgung werde ich in einem Extrabeitrag nochmal eingehen. Aber mit der WHO Empfehlung liegst du auf jeden Fall richtig und da kann auch kein Arzt etwas dagegen sagen. Berufe dich also gerne auf sie, wenn dein Arzt Druck machen sollte, du aber das Gefühl hast, die Reifezeichen sind noch nicht vorhanden, oder ihr noch nicht bereit seid.
Wusstest du, dass das Thema Ernährung praktisch kein Bestandteil des Arztstudiums ist? Das heißt, sein Wissen hat dein Arzt aus privaten Fortbildungen, es liegt also in seinem Ermessen, wo und wie oft er sich weiterbildet. Und wie oben geschrieben sind diese Fortbildungen oft gesponsert. Oder auch die Experten die dort reden – und das ist manchmal schwieriger zu erkennen. Wen das Thema interessiert, dem lege ich das Buch Gummizoo macht Kinder froh von Hans-Ulrich Grimm ans Herz(unbezahlte Werbung aus Überzeugung)
Aber vorsicht! Es kann einem richtig schlecht werden beim lesen! Sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt…
Und nein, ich bin auch nicht die Einzige, die darüber schreibt…
Und was ist mit Allergien?
Allergieprophylaxe in der Beikost.. Frühes Einführen von Nahrungsmitteln, oder Abwarten?
Hier sind sich die Forschungen ziemlich einig, dass es nur Vorteile bringt, alle Nahrungsmittel am besten unter dem Schutz der Muttermilch einzuführen, dass heißt während du noch stillst. Außerdem ist man sich einig, dass die Nahrungsmittel bis zum achten Monat eingeführt sein sollten, auch da seid ihr also auf der sicheren Seite, wenn ihr sechs Monate voll stillen wollt. Und Einführen ist auch nicht gleichzusetzen mit vollständige Mahlzeit! Das heißt, wenn dein Baby mal etwas Erdnussmus vom Finger leckt, ein Stückchen Weizenbrot isst, oder mal ne Erdbeere ist das schon völlig ausreichend. Ihr solltet mit potenziell allergierisikoreichen Lebensmitteln aber auch nicht zu lange warten – wie gesagt, gerne bis zum achten Monat einführen, aber auf keinen Fall bis nach dem ersten Geburtstag warten. Diese Empfehlung ist völlig veraltet.
Die Leitlinien zur Allergieprävention werden gerade überarbeitet, deshalb habe ich keinen Link, aber ich gehe davon aus, dass sich an der Beikostempfehlung nicht viel ändern wird.
Beikost bedeutet nicht abstillen!!
Das möchte ich zum Ende nochmal festhalten: Es heißt nicht umsonst BEIkost und nicht ERSATZkost. Viele Frauen nehmen die Einführung der Beikost zum Anlass mit dem Stillen aufzuhören.
Ich halte das grundsätzlich für keine gute Idee. Erstens wirkt es sich sehr positiv auf die Allergieprävention aus, wenn im Schutz der Muttermilch die Nahrungsmittel eingeführt werden(wie oben schon beschrieben).
Zweitens hat der Milchzucker(und ein paar weitere Stoffe) in der Muttermilch positive Auswirkungen auf die Verdauung – mit neuen Lebensmitteln muss der Körper ja auch erstmal klar kommen.
Drittens die Nährstoffe in der Muttermilch. So viel kannst du am Anfang gar nicht zufüttern, um alle wichtigen Vitamine und Mineralien in ausreichender Dosierung zu bekommen. Da ist die Muttermilch(und natürlich auch die Anfangsnahrung) ein wichtiger Faktor.
Und viertens dürfen wir auch nicht vergessen, dass es eine große Umstellung für dein Baby ist. Du solltest ihm Zeit lassen sich an eine neue Situation zu gewöhnen. Also wenn du planst auch in diesem Zeitraum abzustillen, dann überlege dir, was du zuerst tun möchtest.
Der Beikoststart ist eine individuelle Entscheidung, der zwischen dem 5. und 7. Lebensmonat(meiner Meinung nach besser nach dem 6.) stattfinden sollte
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