Baby Led Weaning
Baby led weaning – was ist das?
Baby led was? Was soll das denn jetzt wieder bedeuten? Schon wieder so ein neumodischer Scheiß!
Mitnichten – oder kannst du dir vorstellen, dass in der Steinzeit die Mutti erstmal einen Brei gekocht hat?! Wohl kaum. Vielleicht etwas vorgekaut, aber doch eher die Beeren einfach direkt dem Baby in den Mund gestopft- wenn sie welche gefunden hat
Babygesteuerte Beikost
Baby-led weaning(blw) heißt übersetzt Babygeführte Entwöhnung. Es geht also um die Entwöhnung der Milch, in einem Tempo, welches das Baby bestimmt.
Den Begriff hat die britische Hebamme Gill Rapley geprägt, als sie 2008 ihr Buch mit ebendiesen Namen herausbrachte.
Neu ist es deswegen nicht. Aber immer weiter im kommen. Warum? Das erkläre ich dir gerne:
blw – die Vorteile
Die Kernkompetenz dieser Methode und für mich das entscheidende:
Das Kind bestimmt
Monatelang hast du es – hoffentlich – nach Bedarf gestillt/gefüttert und nun kann es plötzlich nicht mehr selbst entscheiden was und wieviel es essen möchte?! Nur weil Herr H. einen Plan herausgebracht, auf dem steht wie es zu laufen hat?
Ich denke nicht. Hören wir doch bitte auf, unsere Kinder zu entmündigen.
Ja, sie sind klein, geradezu winzig, aber sie sind nicht doof.
Wer weiß am besten über deinen Körper Bescheid? DU
Wer weiß, ob du Hunger hast? DU
Ob du satt bist?
Brokkoli magst?
Müde bist? Dir übel ist?
Warum sollte es dein Kind nicht wissen?
Weil dir jemand eingeredet hat, dass es das nicht wissen kann? Und woher weißt du, dass diese Menschen recht haben? Weil es viele sind?
Bis vor gar nicht langer Zeit durften auch Frauen viele Dinge nicht (Fußball spielen, arbeiten, wählen, etc…), weil man ihnen diese Dinge nicht zugetraut hat. Gehirnleistung und so. Absurd? Absolut.
Vielleicht denken wir in ein paar Jahren genau das über Kinder?
In den 20er Jahren gab es einen tollen Versuch von einer Kinderärztin, Clara Davis.
Natürlich so nicht mehr wiederholbar.
Sie ließ vollgestillte Babys in einem Waisenhaus völlig selbst bestimmen, was sie essen wollten. Die Babys waren zwischen 6 Monaten und 11 Monaten alt und bekamen einen Tisch voller Lebensmittel hingestellt, von dem sie sich bedienen konnten. Waren sie zu klein zum selbstessen, half ihnen eine Pflegekraft (die Kinder zeigten auf etwas und die Plegekraft fütterte sie. Das hatten selbst die Kleinsten schnell raus).
Der Versuch ging über mehrere Jahre.
Nach dieser Zeit zeigte sich, das KEIN EINZIGES KIND einen Nährstoffmangel davontrug. Obwohl einige Kinder dabei gewesen waren, die VORHER unter einem Mangel litten. Überraschenderweise verzehrten sie im Schnitt in etwa die gleichen Mengen an Fett, Eiweiß und Kohlehydraten.
Alle hatten intuitiv die richtigen Lebensmittel ausgewählt. Manchmal traten sehr eigenwillige Kombinationen auf – wie Orangensaft und Leber – manches kam in Wellen, wie ein paar Tage nur Bananen, dann Hackfleisch, etc.
Grünes Gemüse wurde übrigens von fast keinem Kind gegessen, das nur am Rande. Ebenso wie Getreide und Milch – was bei uns ja regelmäßig im Beikostplan steht.
Ja, aber wenn ich mein Kind entscheiden lasse, dann isst es doch nur Süßigkeiten!!
Das Hauptargument gegen die Selbstbestimmung.
Klar, welches Kind würde sich nicht für Pommes und Gummibärchen entscheiden?!
Der Unterschied ist doch: Was steht zur Wahl?
Bei dem Versuch gab es nur gesunde, fast nicht verarbeitete Lebensmittel (ein paar waren gedünstet). Jeder Baustein für sich war gesund.
Keine Süßigkeiten, kein Fast Food, nichts ungesundes.
Also, wenn du dein Kind wählen lassen möchtest, dann lass es aus gesunden Dingen wählen.
Dein Kühlschrank sollte im besten Falle eh nur gesunde Dinge enthalten, viel frisches Obst und Gemüse, wenig stark verarbeitetes wie Wurst und Käse (gilt auch für die veganen Varianten!).
Kann dein Kind aus Äpfeln, Kartoffeln und Gurke wählen, ist es etwas anderes, als wenn es aus Pommes, Nuggets und Gurke wählen kann.
Wobei das nicht heißt, dass es nicht doch die Gurke wählen würde.
Du könntest überrascht sein.
Aber dann isst es doch nichts!
Die Urangst der Eltern (und Großeltern meist noch mehr): Das Kind könnte verhungern. Und deswegen werden dann doch die Pommes aufgetischt, oder die Schokolade rausgeholt – damit das Kind wenigstens etwas im Bauch hat. Kein guter Plan. So lernt das Kind nur, dass es nur lange genug warten muss, bis es das Essen bekommt, was es haben möchte.
Natürlich soll dein Kind nicht hungrig ins Bett gehen. Aber dann biete eben – je nach Alter – eine Flasche, ein Brot oder eine Banane an, statt die Fritteuse anzuschmeißen. Und außerdem:
Kein Kind verhungert vor einem vollen Teller.
Klar gibts am Anfang Protest. Und Kinder brauchen es auch, dass ihnen neue Lebensmittel öfter vorgesetzt werden, bevor sie sie probieren.
Steter Tropfen höhlt den Stein.
Und werde flexibel: Meine Jungs mögen zum Beispiel nicht so gerne gekochtes Gemüse, aber roh lieben sie es. Also steht einfach ein Rohkostteller neben der Schüssel mit Reis.
Mit Babys ist es übrigens wesentlich einfacher, um wieder zurück zum Thema zu kommen (wenn euch das Thema Essen für ältere Kinder interessiert, schreibt mir einfach, dann mach ich n extra Artikel, oder zwei, oder drei.. ;))
Babys sind super neugierig und vertrauen grundsätzlich darauf, dass das schon lecker sein wird, was du ihnen gibst.
Beim blw können sie besonders viel entdecken, denn es gibt viele Formen, Texturen und Geschmäcker, die Brei einfach nicht bietet.
Aber es kommt doch nichts im Bauch an!
Da ist sie wieder – die Urangst.
Ja, das stimmt. Am Anfang kommt sehr sehr wenig wirklich im Bauch an. Aber ist das so schlimm? Wie hier schon beschrieben, geht es bei der Beikosteinführung eigentlich nicht darum so schnell wie möglich die Milch zu ersetzen. Sondern das Baby behutsam an feste Nahrung zu gewöhnen.
Und wie ginge das besser, wie wenn das Baby das Tempo bestimmt?
Jedes Kind is(s)t anders, das wissen wir und es wird sicherlich auch welche geben, die direkt die ganze Nudel und das ganze Stück Kartoffel essen. Die meisten werden erstmal erforschen.
Wie fühlt sich das an? In der Hand? Im Mund? Oh, ich kann es zermatschen, auch mit der Zunge, ich kann es sogar schlucken!
Wie ist es bei dir, wenn du zum ersten Mal etwas Neues probierst?
Hast du dich mal füttern lassen? Eigentlich ein nicht so angenehmes Gefühl, oder? Besonders, wenn du das auf dem Löffel nicht kennst. Da braucht es sehr sehr viel Vertrauen. Lasst uns das gleiche Vertrauen unseren Kindern zurück geben. Es bekommt alles was es braucht über die Milch.
Und wenn du doch Brei geben möchtest – oder ne Mischung – geht das auch.
Lassen wir doch das entweder/oder.
Was ist mit Verschlucken?
Verschlucken ist immer das Hauptargument gegen blw. Aber ist die Gefahr wirklich so groß? Bei Babys wird der Würgereflex sehr weit vorne auf der Zunge ausgelöst. Das bedeutet, sie fangen schon an zu würgen, bevor das Stückchen Brot/Gurke überhaupt in die Nähe der Luftröhre kommt.
Meine Jungs haben öfter mal gewürgt – und ja, es ist gruselig dabei zuzusehen, aber wenn du siehst wie das Baby sich nach dem rauswürgen direkt wieder ein Stück schnappt (oft sogar dasselbe, würgs) und fröhlich weiterkaut, ist es wohl weniger dramatisch als es aussieht.
Das wichtigste ist, dass das Baby aufrecht sitzt (keine Babyschalen!) und es mit dem Essen nicht alleine gelassen wird.
Sollte es doch mal etwas verschlucken, kannst du dein Baby beim abhusten unterstützen oder den Heimlichgriff anwenden
blw – was eignet sich für den Start?
Gekochtes Gemüse – genau wie beim Brei – eignet sich super, um die ersten Erfahrungen zu machen. Die Gemüsestücke sollten etwa Babyfaustgroß sein und so weich gekocht, dass man sie mit der Zunge zerdrücken kann, sie aber nicht direkt in der Hand zermatschen. Da musst du dich vielleicht etwas rantasten.
- Kartoffeln
- Karotten
- Brokkoliröschen
- Kürbis
- Pastinaken
eignet sich alles hervorragend, aber du kannst es auch gerne mit rohem Gemüse, wie Paprika und Gurke versuchen.
Ein Stück Brot oder Brezel, oder eine Mais-/Dinkel-/Reiswaffel ist besonders für unterwegs gut geeignet (hier aufpassen, das kein Salz enthalten ist!)
Gekochte Nudeln sind auch immer ein Highlight. Gerne auch erstmal ohne Soße, siehe oben 😉
Aber auch Beeren, Früchte, Melonen… du siehst, die Auswahl ist riesig.
Ich habe es mir immer einfach gemacht und einfach das gegeben, was wir auch gegessen haben. Irgendwas babyfreundliches war in der Regel immer dabei, oder habe ich vor dem würzen abgezweigt – ja, auch mal ne Pommes ohne Salz 😉
blw mit Brei
Auch mit Brei kannst du achtsam füttern. Darauf achten, ob dein Baby wirklich bereit ist. Ob es noch Hunger hat. Noch Lust hat. Nicht einfach den Brei in den Mund geben, nur weil der gerade offen ist. Oder noch schlimmer, das Kind irgendwie ablenken und dann den Brei reinstopfen. Aufhören, weil das Kind das Signal gibt. Nicht, weil der Teller leer ist.
Das ist bei der Beikost meiner Meinung nach das Wichtigste. Eure Beziehung. Eure Verbindung.
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